Einer meiner Lieblingsautoren, der vor allem durch seine Kinderbücher bekannte Erich Kästner, hat es in einem seiner vielsagenden Aphorismen wunderbar auf den Punkt gebracht:
„Wird's besser? Wird's schlimmer?, fragt man alljährlich. Aber seien wir ehrlich, Leben ist immer lebensgefährlich”, schreibt er uns ins Stammbuch.
Deutlicher kann man das nicht zum Ausdruck bringen, was uns allen im Leben blüht: die ständige Gefahr zu Tode zu kommen, an deren Ende wirklich unser Tod steht. Angesichts dieser Tatsache klingt es ver-rückt, dass wir den Tod, dem wir nicht ausweichen können fürchten. Und ich betone: „Fürchten“. Denn Todesfurcht und Todesangst sind für mich zwei Paar Schuhe. Angst hat in meiner Definition immer etwas lebensspendendes, sie hilft uns, lebensgefährliche Situationen zu erkennen, zu vermeiden bzw. zu bewältigen. Furcht ist aus meiner Sicht etwas „Künstliches“, etwas, das uns aus der Spur bringt, das uns panisch, ja ver-rückt, nämlich aus unserer Lebensmitte gerückt werden lässt. In der Todesangst begegnen wir dem Tod auf Augenhöhe und wehren uns im Idealfall mit den nötigen Mitteln, um am Leben zu bleiben. Mit der Todesfurcht vermeiden wir diesen klaren Blick auf unser sicheres Ende und suchen jede Menge Möglichkeiten, dem Tod nicht begegnen zu müssen. Diese Haltung hat massive Auswirkungen auf unser eigenes Leben, aber auch das Leben in der Gemeinschaft, in der Gesellschaft, in der wir leben. Die Folgen sind dramatischer als es auf den ersten Blick scheint. Sie verübeln uns und allen anderen das wirkliche Leben. Eine der drastischsten Reaktionen ist das Sicherheitsbedürfnis, das jene, die wir beispielsweise bei Wahlen in die Verantwortung gebracht haben, dazu nutzen, unser Leben und unsere Freiheit einzuschränken. Doch die Furcht bleibt. Denn: siehe Erich Kästner.
Es braucht also andere „Mechanismen“, um dem für uns Unsäglichen zu begegnen. Und die gibt es! Zuerst aber muss es uns bewusst werden, dass wir und unsere „westliche“ Zivilisation so ticken. Das ist der erste Schritt. Und der zweite Schritt könnte sein, dass wir erkennen, dass Leben nur im Augenblick, im Hier und Jetzt wirklich stattfindet - und nicht im Vergangenen oder Zukünftigen.
Dazu dann in weiterer Folge mehr. Nun gilt es einmal diese Zumutung zu verdauen: Das einzige, das im Leben sicher ist, ist unser Tod.
Der Titel meiner Kolumne ist dem den Gladiatoren zugeschriebenen Gruß „Morituri te salutant“ entlehnt, ich habe ihn in die Einzahl gewandelt, weil er wirksamer ist, wenn du und ich gemeint sind. Denn du und ich, also wir alle sind Todgeweihte, Sterbliche vom Anfang unserer Existenz an. Diese Tatsache verdrängen du und ich, alsowir lieber. Dazu haben du und ich, also wir eine ganze Menge verschiedenster Mechanismen entwickelt. Ihnen möchte ich in diesen kurzen Texten auf die Spur kommen, sie aufdecken und bewusstmachen. Wenn du und ich, also wir die Bewusstlosigkeit unserem eigenen Tod gegenüber verlieren, du und ich, also wir uns unserer Todesfurcht stellen, ihr quasi von Angesicht zu Angesicht begegnen, dann lässt sich das eigene Leben, deines und meines, aber auch jenes in den Gemeinschaften, in denen du und ich, also wir leben, wahrhaft lebenswert gestalten – für dich und mich selbst und all die anderen.
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