Wie man einen Krieg beendet
Ein Beitrag zur Rubrik "Friedensnoten" für das Online-Magazin MANOVA
Reinhard Mey, dem von Kritikern immer wieder mal vorgeworfen wurde, dass er sich zu wenig politisch engagiere, weist uns mit seinen Songs oft ganz persönliche Wege, um zuerst einmal im Kleinen zu verändern, was sich im Großen und Ganzen wandeln soll. Auch was den Krieg betrifft, hat er ein einfaches und zeitloses Rezept: Eltern müssen sich weigern, ihre Kinder der Kriegsindustrie zum Verheizen zu überlassen. In klassischer Form verpackte der Künstler diesen Appell in einem Lied: „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“.
In einem Blogeintrag vom Oktober 2020 schreibt Mey, dass „zwei Dutzend Stimmen und Instrumente (...) mein Lied von 1986 ins Jahr 2020 getragen und ihm ein zweites Leben geschenkt“ haben. Über dessen Motivation konnte ich bei meiner Recherche nichts finden, es zeigt aber, dass Krieg ein alle Zeit allgegenwärtiges Thema ist, egal ob kalt, lauwarm oder heiß.
Im Text seines Songs wird gleich zu Beginn von einem Schreiben gesprochen, in dem der Sänger oder sein literarisches Ich den fürs Militär zuständigen Stellen den Zugriff auf seine Söhne mit den klaren Worten „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“ verweigert.
Diese klare Ansage ist all jenen zu wünschen, die Krieg nicht als probates Mittel zur Konfliktbereinigung sehen, denn immer sind es die Eltern beziehungsweise die älteren Generationen, die der Nachkommenschaft mit ihrer ausdrücklichen Haltung zum Vorbild werden müssen. Bei solidarischem Vorgehen wäre damit bewaffneten Auseinandersetzungen jegliche Grundlage entzogen.
Ja, die Welt schaut anders aus, junge Menschen spielen an allen Ecken und Enden mit Waffen, finden es prickelnd, wenn sie in „Fortnite“ ihre „Kills“ miteinander vergleichen oder in „GTA“ die Wirkung von Waffen bei der Erfüllung von Missionen erleben.
Wenn in realiter Welt keine ansprechenden Bewährungsproben warten, dann werden diese eben in der virtuellen Welt gesucht — und auch gefunden.
Was sagt Reinhard Mey in seinem Song dazu?
Ich habe sie die Achtung vor dem Leben
Vor jeder Kreatur als höchsten Wert —
Ich habe sie Erbarmen und Vergeben
Und wo immer es ging, lieben gelehrt.
Nun werdet ihr sie nicht mit Hass verderben
Kein Ziel und keine Ehre, keine Pflicht
Sind's wert, dafür zu töten und zu sterben ...
Ich werde sie den Ungehorsam lehren
Den Widerstand und die Unbeugsamkeit —
Gegen jeden Befehl aufzubegehren
Und nicht zu buckeln vor der Obrigkeit.
Ich werd' sie lehr'n, den eig'nen Weg zu gehen
Vor keinem Popanz, keinem Weltgericht,
Vor keinem als sich selber g'radzustehen!
Und auch den letzten Ausweg skizziert er ganz am Schluss:
Und eher werde ich mit ihnen fliehen
Als dass ihr sie zu euren Knechten macht —
Eher mit ihnen in die Fremde ziehen,
In Armut und wie Diebe in der Nacht.
Denn wer sein Leben und das seiner Liebsten liebt, der schützt es:
Wir haben nur dies eine kurze Leben —
Ich schwör's und sag's euch g'rade ins Gesicht:
Sie werden es für euren Wahn nicht geben!
Nein, meine Söhne geb' ich nicht —
Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht!
Die oben angesprochene Vertonung aus dem Jahr 2020 hat es auch musikalisch in sich — und sollte daher auf allen Ebenen wirken. Möge sie gehört und gehört und gehört werden, bis die Menschen und mit ihr die Welt ihren Frieden gefunden haben!
Dieser Beitrag wurde am 4.2.23 im Online-Magazin MANOVA erstveröffentlicht. Auf Radio München wurde er am 7.2.23 als Podcast online gestellt.